Statement des REF zum "Brexit" 23.06.2016


Völkerverständigung

Der Wunsch, durch die EU eine enge sichtbare Verbindung der Völker zu schaffen, insbesondere um den Frieden zu wahren, aber auch um wirtschaftlich im globalen Wettbewerb als starke Einheit agieren zu können, ist tragendes Element seit ihrer Gründung.

Der REF e.V. steht mit seinen Aktivitäten dafür, die Verständigung zwischen den Völkern Europas durch Dialog zu fördern, damit sich durch Kenntnis der Gemeinsamkeiten ein Zusammengehörigkeitsgefühl und aus der Kenntnis der Unterschiede ein gegenseitiges Verständnis entwickeln kann.

Volksentscheid

Der am 23. Juni durch das Ergebnis der Volksabstimmung eingeleitete "Brexit" gibt Anlass, sich ebenso intensiv mit den Ursachen wie den Folgen auseinander zu setzen. Der REF sieht in der Abstimmung der Bevölkerung Großbritanniens über den Austritt aus der EU in erster Linie eine demokratische Entscheidung, die von den EU-Mitgliedsländern, dem EU Parlament und der EU Kommission nicht nur akzeptiert werden muss, sondern entsprechend des Wertekanons der westlichen Welt als der demokratische und freie Wille eines Volkes anzusehen ist. Diese Abstimmung verzeichnet mit 72% Beteiligung einen deutlich höheren Anteil, als die meisten Parlamentswahlen der letzten Jahre in den EU Mitgliedsländern aufweisen können. Trotz der zahlreichen vorteilhaften Ausnahmen, die GB als EU-Mitgliedsland aushandeln konnte, überwiegen nach der Meinung der Mehrheit der Briten die Nachteile.

Der Beitritt erfolgte 1973, aber bereits ein Jahr später erfolgten Neuverhandlungen der Vertragsbedingungen mit dem Ergebnis der Beitragssenkung für GB in der EU. Bei der darauf folgenden Volksabstimmung über den Verbleib in der EU votierten 1975 noch 67% der Briten dafür. 2002 lehnen die Briten, wie Schweden, die Einführung des Euro ab. An den Vereinbarungen zum Schengen Abkommen I und II aus den Jahren 1985 und 1995 beteiligte sich das Vereinigte Königreich erst seit 2005 und auch nur in sehr eingeschränkter Form und unter Beibehaltung von Grenzkontrollen. Ebenso lehnt Großbritannien es ab Flüchtlinge durch eine Quotenregelung innerhalb der EU aufzunehmen. Frankreich führt in Calais am Eurotunnel Grenzkontrollen durch und hält so Flüchtlinge davon ab, nach Großbritannien zu gelangen.

Diese zahlreichen Sondervereinbarungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich als einem der großen und wichtigen Mitgliedsländer zeigen die grundsätzlich kritische Haltung gegenüber den Institutionen der EU.

Ausschlaggebende Argumente der Brexitbefürworter nennen insbesondere die Einschränkung nationaler Souveränität durch die Bevormundung aus Brüssel, die Einwanderung aus vorwiegend osteuropäischen EU-Mitgliedsländern, die aufgrund von EU-Bestimmungen ein Anrecht auf britische Sozialhilfe haben, und die sehr kostspielige Bürokratie der EU. Die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Vorteile einer EU-Mitgliedschaft konnten also diese empfundenen Nachteile nicht ausgleichen.

Forderung des Ring Europäischer Frauen e. V.

Im Nachgang zu der Entscheidung in Großbritannien für den "Brexit" geht es um nichts weniger als darum, die Zukunft der EU nicht zu gefährden. Der Ring Europäischer Frauen e. V. fordert:

  1. Im Vordergrund sollte nun die Analyse stehen, warum man auf Seiten der Politiker und der Medien über den Ausgang des Referendums überrascht war und ob die Institutionen der EU die Völker "mitgenommen" haben und ihre wichtigen und weitreichenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entscheidungen vermitteln konnten. Das muss in einem offenen Dialog geschehen und, wenn nötig, konsequent Änderungen zur Folge haben.

  2. Die Einhaltung von vertraglichen Vereinbarungen muss konsequent eingefordert werden oder es muss eine offizielle Änderung in den Verträgen erfolgen. Hier ist z.B. das Dublin Übereinkommen zu nennen, das 1990 unterzeichnet wurde und inzwischen als Dublin-III-Verordnung seit 2014 unmittelbar anzuwenden ist. Es besagt, das der Staat, in den der Asylbewerber nachweislich zuerst eingereist ist, das Asylverfahren durchführen muss. Entsprechendes gilt für die Durchsetzung der EU-Konvergenzlinien des Maastrichtvertrags, wonach die staatliche Verschuldungsquote nicht mehr als 60 % des Bruttoinlands-produktes betragen darf. Hier muss die Kontrolle und die Durchsetzung von bilateralen Vereinbarungen zur Konsolidierung von Staatshaushalten, insbesondere bei den Spitzen-reitern wie Griechenland, Italien, Portugal und Spanien mit Verschuldungsquoten von 100% bis 160% erfolgen. Ein dauerhaftes Nichteinhalten birgt die Gefahr eines Verlustes an Glaubwürdigkeit der EU sowohl nach innen wie nach außen.

  3. Die EU muss sich intensiv auf ihr Ziel, den Frieden in Europa zu wahren, ausrichten und mit Nationen, die wesentlich an der Friedenserhaltung beteiligt sind im steten Dialog bleiben.


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